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25.03.2003 Zusammenhang zwischen einer Geschwindigkeitsüberschreitung und einem folgenden Verkehrsunfall

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Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 25.03.2003 – Az.: VI ZR 161/02) hatte über den Ursachenzusammenhang zwischen einer Geschwindigkeitsüberschreitung und einem folgenden Verkehrsunfall zu urteilen.

Urteil

Im vorliegenden Fall war ein Motorradfahrer von einem Pkw, der ihm die Vorfahrt genommen hatte, erfasst und schwer verletzt worden. Mit der Revision verfolgte der klägerische Motorradfahrer seine Klageanträge weiter, insoweit das Oberlandesgericht diese zurückgewiesen hatte. Der Motorradfahrer war vor dem Unfall auf einer Landstraße in einer ansteigenden Linkskurve mit einer gutachterlich festgestellten Geschwindigkeit von 120-150 km/h gefahren. Der in Gegenrichtung fahrende beklagte Autofahrer hatte sich auf einer Linksabbiegespur eingeordnet, um auf eine Autobahn einzufahren. Beim Abbiegevorgang erfasste er den Kläger und verletzte ihn schwer. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass er selbst bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h den Unfall nicht mehr hätte vermeiden können, als die Vorfahrtsverletzung des Beklagten für ihn erkennbar geworden war. Vorher habe er wegen des Vertrauensgrundsatzes, dass der wartepflichtige Beklagte sein Vorfahrtsrecht beachten würde, keine Veranlassung gehabt, seine weit überhöhte Geschwindigkeit zu reduzieren. Der BGH bewertete das geschilderte Verhalten des Beklagten als Unfall verursachend. Aber auch den Kläger treffe ein gehöriges Maß an Mitverschulden, da er die an der Unfallstelle zulässige Höchstgeschwindigkeit um mindestens 20 km/h überschritten habe. Zwar sei nach dem unfallanalytischen Gutachten der Unfall für ihn zu dem Zeitpunkt, an dem er das Fehlverhalten des Beklagten festgestellt habe, nicht mehr vermeidbar gewesen, auch wenn er diese Geschwindigkeitsbeschränkung eingehalten hätte, dennoch wäre von ihm aufgrund des erkennbaren Verkehrsgeschehens eine frühere Reaktion zu fordern gewesen. Im Regelfall dürfe der Vorfahrtsberechtigte auf die Beachtung dieses seines Vorfahrtsrechtes vertrauen, im vorliegenden Fall aber hätten besondere Umstände vorgelegen, wegen denen der Kläger schon im Zeitpunkt des ersten Sichtkontaktes mit einem Fehlverhalten des Beklagten hätte rechnen müssen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Kläger seine Geschwindigkeit auf 100 km/h reduzieren müssen, musste er doch annehmen, dass ihn der Beklagte wegen der überhöhten Geschwindigkeit zu spät wahrnehmen oder seine Annäherungsgeschwindigkeit falsch einschätzen würde. Dies gälte umso mehr, als der Kläger angab, die Unfallörtlichkeit zu kennen und gewusst zu haben, dass aufgrund der Straßenführung schon viele gleichartige Unfälle geschehen seien. Hätte er im Zeitpunkt des ersten Sichtkontaktes die Geschwindigkeit auf 100 km/h verringert, wäre der Unfall nach dem Sachverständigengutachten zu vermeiden gewesen. Nichts desto trotz lag nach Auffassung des BGH das entscheidende – Unfall verursachende – Element auf Seiten des Beklagten. Der Kläger habe sein Vorfahrtsrecht nicht deshalb verloren, weil er zu schnell gefahren sei. Daher war hier unter Berücksichtigung der erhöhten Betriebsgefahr beim Linksabbiegen eine Haftungsquote von 2/3 zu Lasten des Beklagten anzunehmen.

Anmerkungen der Anwaltskanzlei Bauer:

Diese Entscheidung des BGH zeigt zum einen wieder einmal, dass ein Vorfahrtsrecht nicht erzwungen werden darf. Wer in einem Ausmaß zu schnell fährt, wie hier der Motorradfahrer auf der Vorfahrtsstraße, muss sich ein ganz erhebliches Verschulden anrechnen lassen. Andererseits bleibt es dabei, dass gerade Linksabbieger (genauso wie Fahrer, die vom Fahrbahnrand anfahren, aus Grundstücksausfahrten ausfahren, rückwärtsfahren, etc.) zu äußerster Vorsicht und Sorgfalt angehalten sind. Regelmäßig spricht in solchen Fällen bei einem Verkehrsunfall der Beweis des ersten Anscheins gegen den, der aus einer solchen Verkehrssituation heraus in einen Unfall verwickelt wird. Der Entlastungsbeweis wird, wie hier, nur selten vollständig und vor allem dann gelingen, wenn dem Unfallgegner seinerseits ein ganz erheblicher Verkehrsverstoß vorgeworfen werden kann.

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