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23.04.2012 Verwaltungsgericht Neustadt a.d.W. spricht zwei Taxikonzessionen nach fehlender Prognose zur Funktionsunfähigkeit nach § 13 Abs. 4 PBefG zu (VG Neustadt a.d.W. v. 23.04.2012 – Az. 3 K 586/11.NW).

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Das Verwaltungsgericht hatte über die Klage eines Taxiunternehmers auf zwei Taxigenehmigungen (zur Erweiterung seines bestehenden Betriebs) zu entscheiden. Dabei ging es auch um Fragen der Prüfung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes, die Bewertung der Taxendichte und um die Führung von Wartelisten.

Urteil

Der Kläger beantragte im August 2010 in der Stadt K. zwei (zusätzliche) Taxigenehmigungen. Er reichte vollständige Antragsunterlagen bei der Genehmigungsbehörde ein. Die subjektiven Antragsvoraussetzungen waren gegeben. Noch innerhalb der nach § 15 Abs. 1 PBefG vorgesehenen bearbeitungsfrist von drei Monaten lehnte die Genehmigungsbehörde den Antrag ab. Dies mit der Begründung, dass durch zusätzliche zwei, zu den bestehenden 90 Taxigenehmigungen in der Stadt die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes bedroht wäre (§ 13 Abs. 4 PBefG), zudem der Antragsteller auf der Warteliste Platz sechs und sieben einnehmen würde, deshalb die beantragten Taxigenehmigungen ihm versagt werden müssten.
Die subjektiven (persönlichen) Genehmigungsvoraussetzungen des Klägers lagen unstreitig vor, die Bearbeitungszeit des Genehmigungsantrages war seitens der Behörde nicht überschritten. Der Rechtsstreit ging um das Erfordernis des Nachweises der drohenden Funktionsunfähigkeit und zur Führung von Wartelisten. Ausführlich wurde durch das Verwaltungsgericht begründet, dass die Voraussetzungen einer gesicherten Prognose zur Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes nicht vorlagen. Festgestellt wurde (wieder einmal), dass § 13 Abs. 4 PBefG keine Bedürfnisprüfung gestattet, sondern alleine das öffentliche Verkehrsinteresse maßgebend ist. Es reiche nicht aus sich auf Zahlen einer Taxizentrale zu rückläufigen Vermittlungszahlen zu stützen. Dies gerade auch dann nicht, wenn nicht alle Taxiunternehmen der Stadt dieser Zentrale angehören und nicht nachvollzogen werden könne wie diese weiteren Unternehmen wirtschaften. Zudem würden sich Aufträge im Taxigewerbe zunehmend anders verteilen als zu früheren Zeiten und nicht mehr in gleichem Maße über Zentralen abgewickelt werden. Würden neue Genehmigungen nur deshalb nicht erteilt weil kein Bedarf daran gesehen würde, so würde dies auf einen unzulässigen Konkurrenzschutz bestehender Unternehmen hinauslaufen. Eine Zulassungssperre dürfe nicht bereits in dem Grenzbereich einsetzen wo trotz an sich ausreichender Verkehrsbedienung noch weitere neue Taxiunternehmen ohne Gefahr für den Bestand des Taxigewerbes im Ganzen zugelassen werden könnten. Es muss vielmehr die Gefahr eines, das gesamte örtliche Taxigewerbe in seiner Existenz bedrohenden ruinösen Wettbewerbs konkret beweisbar dargelegt werden. Diese Gefahr der Existenzbedrohung konnte in diesem Fall von der Genehmigungsbehörde nicht ausreichend glaubhaft gemacht und prognostiziert werden. Insbesondere war seitens der Genehmigungsbehörde nicht dargelegt worden ab welcher Zahl zugelassener Taxis „spätestens“ diese Gefahr konkret bestehen würde. Dieser Grenzbereich zur höchstzulässigen Anzahl an Taxikonzessionen müsse nämlich bestimmt sein, wenn es darum geht eine etwa vorhandene Warteliste zu berücksichtigen. Denn es kann ansonsten nicht beurteilt werden ob ein Antragsteller bei etwaiger „hinterer“ Wartelistenposition noch zum Zuge kommen könne oder nicht. Auch ein Vergleich der Taxendichte der Stadt zu anderen Städten stelle für sich alleine kein Kriterium hinsichtlich drohender Funktionsfähigkeit dar. Erforderlich sei en zumindest eine Erfassung konkreter Einsatzahlen und Fahrleistungen der örtlichen Taxis, sowie betriebswirtschaftliche Auswertungen dazu. Dabei seien diese – aus dem Taxigewerbe selbst zu erhebenden Daten – schließlich angesichts teilweise „kreativer Buchführung“ auf ihre Plausibilität zu überprüfen. Nachdem die Angaben der Genehmigungsbehörde insgesamt zu vage und zu wenig belegt waren, konnte eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit nicht zur Überzeugung des Gerichts dargestellt werden. Auch die Stellung des Klägers auf einer hinteren Wartelistenposition hinderte hier den Klageerfolg nicht. Denn diese Listen stehen nach den Ausführungen des Gerichts in einem Spannungsverhältnis zwischen einerseits der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes insgesamt und andererseits dem – grundrechtlich geschützten - Anspruch jedes einzelnen Wartelistenbewerbers. Hieraus wiederum folge aber auch, dass nur ernstgemeinte Anträge auf den Wartelisten Berücksichtigung finden könnten. Fraglich sei dies etwa bei Eintragungen auf Vormerklisten die etwa schon 20 Jahre und älter seien oder von Bewerbern, die längst anderen beruflichen Tätigkeiten nachgehen oder von denen nicht bekannt ist, ob diese (noch) die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen erfüllen. Der Behörde obliege es die Wartelisten entsprechend zu überprüfen und zu bereinigen. Da die Rangliste des Klägers in diesem Fall nicht von vorneherein als aussichtslos erschien konnten dem Kläger die begehrten Taxigenehmigungen nicht verweigert werden, die beklagte Stadt K. wurde zur Erteilung dieser Genehmigungen verpflichtet.

Anmerkungen der Anwaltskanzlei Bauer:

In diesem Fall scheiterte die beklagte Stadt an der Schwierigkeit die Bedrohung der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes zu belegen. Solches ist (fast) nur unter Einschaltung externer Gutachter zu bewerkstelligen und im Übrigen nur, wenn ausreichendes Zahlenmaterial zum Taxigewerbe und auch zur wirtschaftlichen Entwicklung der betroffenen Stadt vorliegen und ausgewertet werden können. Dazu bedarf es, gerade hinsichtlich des Taxigewerbes regelmäßiger Datenerhebungen. All dies leisten viele Kommunen – aus verschiedenen Gründen - nicht. Auch die Führung von Wartelisten erfordert seitens der Behörde mehr als nur formlose Anträge aufzunehmen und chronologisch zu erfassen. Die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen von Wartelistenantragstellern müssen bei Eintrag in die Warteliste (im Wesentlichen) vorliegen und geprüft werden. Das weiter bestehende Interesse (und die weiter bestehenden subjektiven Voraussetzungen) werden regelmäßig überprüft werden müssen, damit Wartelisten vor Verwaltungsgerichten Bestand haben können. Das Urteil des VG Neustadt a.d.W. ist sehr informativ für alle, die umfassend die Voraussetzungen zur Prognoseentscheidung nach § 13 Abs. 4 PbefG nachlesen wollen.

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