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15.12.2000 Unfallgeschehen im Bereich einer, vor der Ampel zurückversetzten Wartelinie

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Das Amtsgericht München (Urteil vom 15.12.2000 – Az.: 345 C 27357/00) hatte über ein Unfallgeschehen im Bereich einer, vor der Ampel zurückversetzten Wartelinie, zu entscheiden.

Urteil

Um die Abfahrt von Taxis aus Standplätzen, die sich unmittelbar vor einer Ampelanlage befinden zu erleichtern, werden bisweilen zurückversetzte Wartelinien auf den Fahrbahnen vor der Ampel markiert, damit bei Rotschaltung der Ampel die Taxis in den dort freizuhaltenden Bereich einfahren können. An einem dieser Standplätze in München ist diese zurückversetzte Wartelinie über beide Fahrspuren neben dem Taxistandplatz angebracht. Die Taxifahrer nutzen diesen freigehaltenen Bereich bei auf Rot geschalteter Ampel häufig um, unter Querung der zwei Fahrspuren, auf der durch Trambahngleise abgetrennten Fahrbahn der gegenüberliegenden Straßenseite in Gegenrichtung die Fahrt fortzusetzen. Eine Taxifahrerin befand sich mit ihrem Fahrzeug nun im Bereich dieser beiden Fahrspuren zwischen der Wartelinie und der Ampelanlage. Als die Ampel auf Grün schaltete, gab die Fahrerin eines Pkws auf der zweiten Fahrspur Gas. Es entstand leichterer Sachschaden an beiden Fahrzeugen. Die Taxiunternehmerin verlangte nun Schadenersatz von der Haftpflichtversicherung der Unfallgegnerin, da sie selbst sich ja in einen zugelassenen Bereich mit ihrem Fahrzeug befunden habe und da die Fahrerin des anderen Fahrzeugs hierauf hätte Rücksicht nehmen müssen und nicht hätte losfahren dürfen. Die gegnerische Versicherung zahlte nicht, es kam zur Klage vor dem Amtsgericht. Die Taxiunternehmerin argumentierte, dass nach ihrer Kenntnis hier die Wartelinie über beide Fahrspuren zurückversetzt sei, um den Taxifahrern gerade diese Möglichkeit, die sie hier nutzen wollte zu geben, nämlich statt eines längeren Umweges auf direktem Weg auf die stadtauswärts führende Fahrbahn zu gelangen. Dazu trug sie vor, dass der Pkw-Fahrer auf der ersten Fahrspur kein Problem gehabt habe, stehen zu bleiben und das Taxi weiterzufahren zu lassen, während die Unfallgegnerin auf der zweiten Fahrspur losgefahren sei, ohne darauf zu achten, ob die Kreuzung frei wäre. Von der Unfallgegnerin wurde schließlich eine Bestätigung der zuständigen Behörde vorgelegt, nach der mit dieser Wartelinie lediglich bezweckt werden sollte, dass sich Taxifahrer im Verkehr in Fahrrichtung einfädeln könnten, nicht aber dass diese Wartelinie dafür gedacht sei, dass die Taxifahrer die Fahrbahn queren würden. Das Gericht folgte schließlich der Argumentation der Unfallgegnerin und begründete die Klageabweisung damit, dass die Fahrerin des an der Ampel wartenden Fahrzeugs bei Umschaltung der Ampel auf Grün darauf hätte vertrauen dürfen, dass in der vor ihr befindlichen Fahrspur unmittelbar vor ihrem Fahrzeug ein anderes Fahrzeug nicht die Fahrbahn queren würde um zu wenden. Sie hätte mit dem Fahrbahnverhalten der Klägerin schlichtweg nicht rechnen müssen. Vom Amtsgericht wurde dargestellt, dass die klagende Taxiunternehmerin den Anscheinsbeweis, dass sie beim Anfahren vom Fahrbahnrand wie auch beim beabsichtigten Wendemanöver sich nicht so verhalten habe, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen wäre, nicht führen konnte (§§ 9, 10 StVO). Den hier also verlangten sogenannten Strengbeweis, wonach der Unfall für die Taxiunternehmerin unabwendbar gewesen wäre, konnte sie zu ihrer Entlastung hier nicht führen.

Anmerkungen der Anwaltskanzlei Bauer:

Dieser Fall zeigt zum einen, dass auch von Taxifahrern in Routinesituationen verlangt wird, sich sehr sorgsam zu verhalten und sich zu vergewissern, dass sie andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden, um nicht wie hier letztlich auf ihrem Schaden sitzenzubleiben und durch Inanspruchnahme der eigenen Haftpflichtversicherung höhere Prämien zahlen zu müssen. Dazu zeigt dieser Fall, dass eine langjährig geübte Praxis von Taxifahrern diese noch nicht rechtlich erlaubt. Im Fall des Taxistandplatzes am Münchener Rotkreuzplatz besteht in weiten Teilen der hiesigen Taxifahrerschaft die Ansicht, dass die hier über beide Fahrbahnen zurückversetzten Wartelinie gerade deshalb angebracht worden sei, um den vom Standplatz abfahrenden Taxis einen leichteren Weg zu stadtauswärts und zur nahegelegenen Klinik zu bieten, da ansonsten aufwendige Wendemanöver jenseits der Kreuzung erforderlich wären. Diese Haltung scheint von Politikern und auch Gewerbepolitikern in München unterstützt worden zu sein. Letztlich hat die Behörde in dem hier entschiedenen Fall allerdings sehr ausführlich und unter Vorlage von Fotos und Planskizzen dargelegt, dass eine Querung der Straße hier gerade nicht zugelassen werden sollte. Es lohnt sich also auch für Taxifahrer ab und an langgewohnte Gebräuche zu überprüfen.

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