Verkehrsverwaltungsrecht Taxi Verkehrsrecht Verkehrsstrafrecht Unfall Anwaltskanzlei Personenbeförderungsrecht München Anwalt Schadensregulierung Verkehrszivilrecht Strafrecht Schadensersatz Verkehrsordnungswidrigkeit

Anwaltskanzlei Michael Bauer, Ihre Kanzlei für Strafrecht, Verkehrsrecht, Personenbeförderungsrecht und Verkehrsstrafrecht in München

31.07.2000 Unfall bei Überfahren zurückversetzter Wartelinie

zurück zur Auflistung

Das Landgericht Berlin (Urteil vom 31.07.2000 – Az.: 58 S 516/79; nach ZFS 2001, S. 8) hatte über einen Unfall bei Überfahren einer zurückversetzten Wartelinie bei Rotlicht einer Fußgängerbedarfsampel zu entscheiden.

Urteil

In dem hier zu entscheidenden Fall befand sich rechts von einer Grundstücksausfahrt eine Fußgängerbedarfsampel und vor dieser eine zurückversetzte Wartelinie. In diesem Bereich kam es zu einem Unfall. Als bei Rotlicht der Fußgängerbedarfsampel eine Autofahrerin mit ihrem Pkw aus dem Grundstück über den Bereich der durch die Wartelinie vor der Ampel freigehalten werden sollte, in hier in zulässiger Weise nach links auf die Fahrbahn einbiegen wollte, näherte sich ein Motorradfahrer dieser Ampel. Der Motorradfahrer fuhr links an einem vor der zurückversetzten Wartelinie haltenden Fahrzeugs vorbei, überfuhr diese Wartelinie und kollidierte mit dem querenden Pkw. Das Amtsgericht, das über diesen Fall in I. Instanz zu entscheiden hatte, sah bei diesem Unfallgeschehen einen Rotlichtverstoß des Motorradfahrers, da dieser die zurückversetzte Wartelinie überfahren hatte. Dazu rechnete es den durch die Wartelinie frei zu haltenden Bereich vor der Ampelanlage zum Schutzbereich der Fußgängerbedarfsampel. Das Berufungsgericht folgte dieser Argumentation nicht. Das Berufungsgericht stellte zum einen fest, dass das Überfahren der zurückversetzten Wartelinie noch keinen Rotlichtverstoß darstelle. Denn diese Wartelinie (Zeichen 341) würde lediglich demjenigen, der warten muss, empfehlen hier zu warten. Daran würde auch das Zusatzschild „bei Rot hier halten“ nichts ändern. Dazu ging das Berufungsgericht, ähnlich wie in dem Fall der Taxifahrerin in München im zuvor beschriebenen Fall, davon aus, dass die Pkw-Fahrerin, die vom Straßenrand in die Straße eingefahren war, ihre aus § 10 StVO sich ergebenden gesteigerten Sorgfaltspflichten nicht ausreichend beachtet habe. Auch hier konnte also die Autofahrerin, die den freien Bereich vor der roten Ampel durchfahren wollte nicht beweisen, dass der folgende Verkehrsunfall für sie unabwendbar gewesen wäre. Allerdings rechnete das Berufungsgericht dem Motorradfahrer eine Mithaftung wegen eines Verstoßes gegen § 1 II StVO (allgemeine Sorgfaltspflicht) in Höhe einer Quote von ¼ an. Dies wurde damit begründet, dass ein Kraftfahrer auf der Vorfahrtstraße bei Rotlicht vor der Fußgängerampel und zumindest einem dort haltenden Fahrzeug vor der Wartelinie, mit einbiegenden Fahrzeugen aus der Parkplatz- oder Grundstücksausfahrt hätte rechnen müssen und deshalb sein Fahrverhalten hierauf hätte einstellen müssen.

Anmerkungen der Anwaltskanzlei Bauer:

Das Urteil zeigt (wie das vom 15.12.2000 des AG München), dass Wartelinie nicht gleich Wartelinie ist. Darüber hinaus zeigen diese Urteile aber auch, dass im Straßenverkehr jeder sich überlegt und vorausschauend verhalten muss, wenn er denn nicht zumindest mit einer Haftungsquote bei einem Verkehrsunfall beteiligt sein will. Den Taxifahrern mögen zurückversetzte Wartelinien im Bereich von Standplätzen an Verkehrsampeln eine zusätzliche Hilfe sein, soweit sie denn von anderen Verkehrsteilnehmern überhaupt beachtet werden. Diese zurückversetzten Wartelinie verlangen gleichwohl vom Taxifahrer hohe Sorgfalt, wenn er sich vom Standplatz in den Verkehr einfädeln will. Kommt es zu einem Verkehrsunfall in einem derartigen Bereich, ist wohl immer mit einer Mithaftung zu rechnen.

zurück zur Auflistung