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17.01.2013 Oberverwaltungsgericht Koblenz verwirft Taxitarifordnung

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Das OVG Koblenz hatte über die Rechtmäßigkeit einer Taxitarifordnung eines Landkreises zu entscheiden (Urteil v. 17. Januar 2013 – Az. 7 C 10969/12.OVG). Im August 2012 setzte der Landkreis eine neue Taxitarifordnung in Kraft. Ziel war es im ganzen Landkreis einheitliche Taxitarife einzuführen. Dabei wurde das Pflichtfahrgebiet – wie bereits in der bis dahin geltenden Tarifordnung - auf die jeweilige Betriebssitzgemeinde der Taxiunternehmen beschränkt und dazu der gesamte Landkreis als „Tarifpflichtgebiet“, in dem die Taxitarife einheitlich gelten sollten, deklariert. Gegen diese Tarifordnung ging ein Taxiunternehmen aus dem Landkreis mit einem Normenkontrollantrag beim OVG Koblenz vor.

Urteil

Es wurde beantragt die Regelung zur Festsetzung eines „Tarifpflichtgebietes“ und andere Bestimmungen dieser Tarifordnung für unwirksam zu erklären. Ein „Tarifpflichtgebiet“ sehe das Personenbeförderungsgesetz nicht vor, demnach dürften Festlegungen von Taxitarifen nicht über das Pflichtfahrgebiet hinaus erfolgen, wie dies in der Tarifordnung nun festgeschrieben sei. Würde jedoch ein Taxiunternehmer abweichende Tarife außerhalb seiner Betriebssitzgemeinde für Fahrten im Landkreis – also außerhalb des Pflichtfahrgebietes, jedoch innerhalb des „Tarifpflichtgebietes“ – durchführen, würde er zwar im Einklang mit den Regelungen des PBefG handeln, jedoch gegen die geltende Tarifordnung verstoßen und sich damit unter Umständen Unterlassungsansprüchen von Konkurrenten ausgesetzt sehen (wie schon geschehen). Das OLG Koblenz hatte in einem solchen Fall angenommen, dass zwar die Tarifordnung gegen höherrangiges Recht (PBefG) verstoße , dies aber für einen Wettbewerbsverstoß unbeachtlich sei, da sich der Unternehmer an die (letztlich rechtswidrige) Tarifordnung zu halten habe. Das OVG Koblenz gab dem Normenkontrollantrag statt und erklärte die bestehende Taxitarifordnung für unwirksam. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass für eine Erstreckung der Tarifpflicht über das Pflichtfahrgebiet hinaus eine erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage fehlt. Nach der gesetzlichen Konzeption des Personenbeförderungsgesetzes müssen sich vielmehr das Gebiet der festgesetzten Tarife für den Taxiverkehr und das Pflichtfahrgebiet, für das die Beförderungspflicht besteht, gegenseitig decken. Eine Aufspaltung von „Tarifgebiet“ und Pflichtfahrgebiet lässt das Gesetz nicht zu. Im Urteil vom 17. Januar 2013 macht das OVG Koblenz auch deutlich, dass es die Meinung des OLG Koblenz (in zivilrechtlichen Wettbewerbsverfahren) nicht teilt, wonach es für einen Wettbewerbsverstoß nicht darauf ankäme ob die Tarifordnung mit dem PBefG in Einklang stehen würde.

Anmerkungen der Anwaltskanzlei Bauer:

Mit diesem Urteil ist (wieder einmal) festgestellt dass Rechtsverordnungen nicht gegenhöherrangiges Recht verstoßen dürfen. In Taxi(tarif)ordnungen darf der Verordnungsgeber (die Genehmigungsbehörde) nichts regeln, was dem zugrundeliegenden Gesetz (hier dem Personenbeförderungsgesetz) widerspricht. Was bundesgesetzlich etwa im PBefG oder auch in der BOKraft geregelt ist steht nicht zur Disposition des regionalen Verordnungsgebers (soweit nicht Ausnahmeregelungen ausdrücklich im Gesetz zugelassen sind). Das PBefG bestimmt abschließend in § 47 Abs. 4 PBefG den Pflichtfahrbereich als Geltungsbereich der nach § 51 PBefG festzulegenden Tarife. Unklar war der hier betroffenen Kreisbehörde offensichtlich das Verhältnis von Pflichtfahrbereich, Geltungsbereich der Tarife mit Beförderungspflicht und dem Bereithaltungsrecht nur am Ort des Betriebssitzes. Das Bereithaltungsrecht ist nicht zu verwechseln mit der Betriebspflicht aus § 21 PBefG. Betriebspflicht bedeutet für das Taxigewerbe zunächst nur, dass der Betrieb (also im wesentlichen das einzusetzende Taxi) entsprechend der erteilten Genehmigung einsatzfähig sein muss. In welchem Umfang der Taxiunternehmer seine Fahrzeuge einsetzt bleibt ihm selbst überlassen, soweit die Genehmigungsbehörde dazu nicht in einer Rechtsverordnung (Taxiordnung) den zumutbaren und zulässigen (Mindest-)Umfang der Betriebspflicht - etwa bestimmte Einsatzzeiten einzelner Taxiunternehmen bei bestehender Unterversorgung mit Taxis zur Nachtzeit o.ä. - regelt. Dies ergibt sich aus § 47 Abs. 3 PBefG. Die Bereithaltung von Taxis (an Taxistandplätzen oder durch sichtbare Bereitschaft zur Aufnahme von Fahrgästen – z.B. beleuchtetes Dachzeichen) ist nur in der jeweiligen Betriebssitzgemeinde erlaubt. Dies regelt § 47 Abs. 2 S.1 PBefG. In der Betriebssitzgemeinde gilt auch die Beförderungspflicht aus § 22 PBefG. Fahrten auf vorherige Bestellung darf ein Taxiunternehmer auch von Orten außerhalb der Betriebssitzgemeinde ausführen (§ 47 Abs. 2 S.2 PBefG). Er unterliegt dann aber - soweit diese Fahrten innerhalb des Pflichtfahrbereichs ausgeführt werden – wiederum der Tarifpflicht. Allerdings kann er nicht verpflichtet werden Fahrtaufträge von Orten außerhalb der Betriebssitzgemeinde auszuführen. Auch dies hatte die in diesem Verfahren betroffene Behörde verkannt. Der Landkreis wird also so schnell wie möglich eine, den Vorgaben des PBefG entsprechende und die Interessen der Taxiunternehmer im Landkreis berücksichtigende neue Taxitarifordnung erstellen müssen.

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