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23.03.2001 Grobe Fahrlässigkeit bei Rotlichtverstoß und Kaskoversicherung

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Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG Koblenz: 10 U 819/00 - Urteil vom 23.03.2001 hatte über die Frage grober Fahrlässigkeit bei einem Rotlichtverstoß zu entscheiden.

Urteil

In der Sache ging es darum, dass ein Pkw-Fahrer einen Unfall verursachte, als er auf einer breiten, gut ausgebauten Straße eine Ampel, die für seine Fahrspur Rot zeigte, missachtete. Die Vollkaskoversicherung verweigerte gemäß § 61 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) eine Zahlung, da der Fahrer den folgenden Unfall grob fahrlässig herbeigeführt habe. Dagegen wandte sich die von der Fahrzeughalterin angestrengte Klage. Sie argumentierte, der Fahrer sei kurz vor der Ampelanlage von einem Fahrzeug, das ihn überholte und dabei mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr, abgelenkt worden, er sei ortsunkundig gewesen und die Fahrtrichtungsanzeiger der beiden anderen Spuren hätten zudem grün gezeigt. Auch hätten aufgrund der Tatsache, dass die Ampel erst 20 Meter vor dem Ende eines Tunnels für den Fahrer sichtbar wurde, wechselnde Lichtverhältnisse geherrscht. Schließlich sei der Fahrer im Bußgeldverfahren nur wegen fahrlässiger Nichtbeachtung eines Rotlichtes mit einer Geldbuße belegt worden, da der Bußgeldrichter die Unübersichtlichkeit der Verkehrslage eingeräumt hätte. Das erstinstanzliche Landgericht wies die Klage ab. Dem folgte das in der Berufung zuständige OLG Koblenz mit der Begründung, dass derjenige, der bei Rotlicht in eine Kreuzung einfahre, objektiv grob fahrlässig handle. Bei der Beurteilung, ob eine grobe Fahrlässigkeit vorliege, wird nach ständiger Rechtsprechung auf Umstände zurückgegriffen, die die subjektive, personale Seite der Verantwortung betreffen. Solche subjektive Umstände können im Einzelfall zu einer Entlastung vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit führen. Das entscheidende Gericht lehnte es hier aber ab, ein Augenblicksversagen für diese Entlastung genügen zu lassen. Vielmehr bedürfe es noch anderer Umstände, die es rechtfertigen, im Einzelfall vom Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit abzurücken. Für den hier vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Fahrer in der konkreten Situation nicht das Maß an Konzentration, das von einem „durchschnittlichen sorgfältigen Kraftfahrer“ verlangt werden kann und muss, aufbrachte, um die Verkehrssignale wahrzunehmen und zu beachten. Eine kurzfristige Geistesabwesenheit stellt keine ausreichende Begründung für das Außerachtlassen der notwendigen Sorgfalt dar. Da das Heranfahren an eine Kreuzung keine Dauertätigkeit ist, erfordert es jedes Mal aufs neue volle Aufmerksamkeit. Diese Aufmerksamkeit habe der Fahrer subjektiv unentschuldbar nicht aufgebracht. Auch seien die weiteren, von der Klägerin vorgebrachten Argumente nicht geeignet, den objektiv schweren Verkehrsverstoß zu entschuldigen. Schließlich stellte das OLG fest, dass zum einen weder die Unfallkreuzung noch die Straßenführung unübersichtlich seien und dass zum anderen das Durchfahren der Unterführung keine Besonderheit darstelle. Die Ampelanlage sei schon vor Einfahrt in die Unterführung gut sichtbar gewesen, des Weiteren sei der Vortrag der Klägerin, es hätten wegen der Durchfahrt durch die Unterführung wechselnde Lichtverhältnisse geherrscht, wenig wahrscheinlich. Das Gericht stellte anhand vorliegender Fotos auch fest, dass auf der dreispurigen Straße bestimmte Fahrspuren für bestimmte Richtungen markiert seien. Zwei von drei Fahrspuren seien dabei zum Rechtsabbiegen vorgesehen, eine, die ganz linke Fahrspur, für Geradeausfahrten und Linksabbieger. Der Fahrer habe sich auf dieser linken Spur für den Geradeausverkehr völlig korrekt eingeordnet, dann aber die für diese Fahrspur geltende, rotgeschaltete Ampel missachtet. Auch die Tatsache, dass der Fahrer ortsunkundig war, könne ihn vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht entlasten. Gerade ortsunkundige Fahrer müssten sich besonders vorsichtig Kreuzungsbereichen und Ampelanlagen nähern. Dass der Fahrer im Bußgeldverfahren schließlich nur wegen fahrlässiger Nichtbeachtung des Rotlichtes zu einer Geldbuße verurteilt worden sei und der Bußgeldrichter die Unübersichtlichkeit der Verkehrslage eingeräumt habe, könne der Klägerin nicht helfen, denn im Bußgeldverfahren seien andere Maßstäbe ausschlaggebend als im Zivilverfahren. Auch seien weitere Umstände, die ein Augenblicksversagen rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich im Berufungsverfahren auch nicht vorgetragen worden.

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